Ein Blick auf die Zukunft mobiler Energiespeicher
Die Akkutechnologie ist derzeit in aller Munde, 2019 wurden sogar drei Batterieforscher mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Quer durch alle Lebensbereiche haben die mobilen Energiespeicher neue Möglichkeiten geschaffen – von Mobiltelefonie über E-Mobilität bis hin zu Anwendungen in der Medizin. Da lohnt sich eine Reise durch die rasante Entwicklung der Lithium-Ionen-Technologie, kommende Trends und die Frage, ob Turnschuhe beleuchtet sein müssen.
Ein globaler Forschungserfolg: Lithium-Ionen-Akkus.
Es gibt immer wieder Technologien, die das Leben der Menschen tiefgreifend verändern – dazu gehört der Lithium-Ionen-Akku. Treiber war zunächst die Unterhaltungselektronik, denn für Walkman & Co. wurde in den 1970er-Jahren eine Alternative zu den nicht wieder aufladbaren Primärzellen gesucht. Lithium-Ionen-Batterien wurden schnell als interessante Kandidaten identifiziert, denn sie besitzen eine hohe Energiedichte, eine kompakte Bauform und unterliegen keinem Memory-Effekt.
Die leichte Entflammbarkeit und die Anfälligkeit für zellinterne Kurzschlüsse jedoch waren Probleme, mit denen sich die Wissenschaft auseinandersetzen musste und teilweise noch muss. Einen entscheidenden Durchbruch schafften die Forschungsarbeiten von John B. Goodenough (USA), M. Stanley Whittingham (UK) und Akira Yoshino (Japan), die 2019 den Nobelpreis für Chemie erhielten. 1983 wurde der erste wiederaufladbare Lithium-Ionen-Akku hergestellt, 1991 brachte Sony die Technik auf den Markt. Seither ist der Siegeszug unaufhaltsam, was sich auch in Zahlen aufzeigen lässt: 2019 hatte der Weltmarkt ein Volumen von rund 40 Milliarden Euro, eine Steigerung bis 2022 auf etwa 60 Milliarden Euro wird erwartet.
Von Musik über Mobilität bis zum Grossreinemachen:
Wo Akkus überall Verbesserungen schaffen.
Ob Mobiltelefon, Digitalkamera, Notebook oder Taschenlampe: Es gibt kaum ein elektronisches Gadget, das heutzutage nicht mit Lithium-Ionen-Akkus betrieben wird. Gegenüber herkömmlichen Nickel-Cadmium- oder Nickel-Metallhydrid-Akkus besticht die Technik vor allem durch das geringe Gewicht und die geringe Grösse bei gleichzeitig hoher Kapazität und Leistungsfähigkeit. Dies spielt auch bei nützlichen Geräten wie Power Tools, Gartenwerkzeugen, Staubsauger & Co. eine Rolle, die sowohl privaten als auch professionellen Anwendern die Arbeit erleichtern.
Ein weiteres grosses Thema ist die Elektromobilität, denn dank der Verschaltbarkeit der Lithium-Ionen-Zellen lassen sich mehrere kleinere Akkus zu einer grossen Batterie zusammensetzen. Sie werden in sämtlichen Fahrzeugen vom E-Bike über E-Scooter und Segway bis hin zu Hybrid- beziehungsweise E-Auto und -Bus eingesetzt.
Sogar in der Photovoltaik haben sich Lithium-Ionen-Akkus aufgrund der kompakten Bauform, der hohen Lebensdauer und der Wartungsfreiheit als Energiespeicher bewährt. Die im Heimspeicherbereich üblichen 6'000 Zyklen entsprechen einem Zeitraum von rund 20 Jahren – und somit in etwa der Betriebszeit einer Photovoltaikanlage.
Heute Lithium-Ionen – und morgen? Wo die Reise hingeht.
Es zeigt sich: Die Lithium-Ionen-Technologie ist mittlerweile überall angekommen, eröffnet teilweise Wege zu nachhaltigen Lösungen und lässt sich nicht ohne Weiteres ersetzen. Dennoch gibt es zum einen den Treiber Elektromobilität, der in den kommenden Jahren den Bedarf an Energiespeichern so erhöhen wird, dass eine Technologie ihn allein wohl kaum decken kann. Zum anderen gibt es Themen wie mehr Leistung und kürzere Ladezyklen, die sich gegebenenfalls auf andere Weise besser umsetzen lassen, auch wenn noch Entwicklungspotenzial in der Lithium-Ionen-Zelle steckt. Zu guter Letzt wird mittelfristig die Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe – vor allem Cobalt und Lithium – zum Problem werden.
Längst hat also die Suche nach Alternativen begonnen. Dazu zählt zum Beispiel die Festkörper-Elektrolyt-Batterie, bei der kein flüssiger, sondern ein fester Elektrolyt als elektrisch leitfähige Substanz verwendet wird. Reichweiten von mindestens 500 Kilometern für E-Fahrzeuge sowie das Aufladen innerhalb von Minuten sollen damit möglich werden, derzeit wird noch intensiv an Materialien und Herstellungswegen geforscht. Ein weiterer interessanter Kandidat ist die Magnesium-Batterie, die leistungsfähiger, günstiger und sicherer als die etablierten Lithium-Ionen-Akkus sein soll. Zudem ist Magnesium als Rohstoff auf der Erde um ein Tausendfaches häufiger vertreten als Lithium und kann einfacher recycelt werden.
Müssen Akkus überall sein? Von Nachhaltigkeit und den Möglichkeiten im Recycling.
Blickt man schliesslich auf das grosse Thema Nachhaltigkeit, ist die Bilanz der Lithium-Ionen-Technologie zwiegespalten. Einerseits sind Einsatzfelder wie Elektromobilität oder Energiespeichersysteme für Strom aus Photovoltaikanlagen zentral auf dem Weg in eine umweltfreundlichere Zukunft. Andererseits werden derzeit Akkus mehr oder weniger ungebremst verbaut – vom beleuchteten Turnschuh über blinkende Pullover bis hin zum LED-geschmückten Strohhalm. Ein Trend, der dem schonenden Umgang mit Ressourcen zuwiderläuft. Ein weiteres kritisches Thema ist das Recycling, denn die derzeit gängigen Methoden reichen nicht aus, um der hohen Zahl an Fahrzeugbatterien Herr zu werden.
Aufgrund der absehbaren Verknappung und Verteuerung von Cobalt & Co. sind aber auch hier Lösungen auf dem Weg. Durch thermisches Aufschmelzen zum Beispiel lassen sich Cobalt, Nickel und Kupfer rückgewinnen. Ein anderer Ansatz geht dahin, die leicht entzündlichen Batterien unter Stickstoff-Atmosphäre zu schreddern. Übrig bleibt geschreddertes Material, aus dem Graphit, Mangan, Nickel und Cobalt recycelt werden. Anschliessend erfolgt eine Reproduktion von Antriebsakkus, deren CO₂-Fussabdruck gegenüber der Herstellung neuer Batterien um 40 Prozent niedriger ist. Es gibt viele weitere Varianten, die alle eines zum Ziel haben – energieschonend einen möglichst hohen Anteil der Rohstoffe einer neuen Verwendung zuzuführen.
Unter dem Label Second Life gibt es schliesslich den Ansatz, ausrangierte Akkus als stationäre Energiespeicher zu nutzen. Denn nach acht bis zehn Jahren genügen die Batterien in E-Fahrzeugen nicht mehr den Leistungs- und Reichweitenanforderungen und müssen ausgebaut werden, obwohl sie noch funktionsfähig sind. Verschiedene Automobilhersteller planen daher, die Batterien mit reduzierter Ladekapazität als grosse stationäre Energiespeicher zu nutzen.
Es ist also vieles in Bewegung im Bereich Akkutechnologie, und die Reise in die Zukunft wird vor allem eines: spannend.
Kärcher und Akkutechnologie
Vier Fragen an Dr. Jan Becker, Manager Module Center Energy Storage Systems.
Wie lange ist Kärcher bereits mit akkubetriebenen Geräten am Markt?
Produkte mit Akku gehören seit mehr als 30 Jahren zu unserem Portfolio, die klassischen Vorteile inklusive. Wir haben uns immer mit der Frage auseinandergesetzt, wo der Einsatz für unsere Kunden am meisten Sinn macht und wie sich die Anforderungen technisch lösen lassen.
Nun bringen Sie mit dem Kärcher Battery Universe zwei neue Akku-Plattformen auf den Markt. Worauf lag der Fokus in der Entwicklung?
Wir hatten eine Reihe wichtiger Aspekte im Blick – von mehr Leistung und Laufzeit bis hin zu einer minutengenauen Anzeige von Lade- und Restlaufzeit. Verfügbar sind Akkus mit 18 bzw. 36 Volt Spannung und unterschiedlichen Kapazitäten. Alle Akkus einer Spannungsklasse passen in jedes Gerät.
Welche Produkte wird es geben?
Für den Home & Garden-Bereich sind die neuen Akku-Produkte seit Frühjahr 2019 am Markt und beispielsweise in Mitteldruckreiniger, Nass- / Trockensauger und verschiedene Gartenwerkzeuge implementiert. Für den Professional-Bereich fällt der Startschuss 2020 mit Produkten wie Nass- / Trockensaugern und professionellen Werkzeugen für die Grünflächenpflege. Als erstes Unternehmen weltweit haben wir auch einen akkubetriebenen Hochdruckreiniger für professionelle Anwender vorgestellt.
Mit Lithium-Ionen-Akkus wird es eine Weile weitergehen, doch die Nachfolger stehen bereits in den Startlöchern. Wie reagiert Kärcher darauf?
Unsere Plattformen sind so konzipiert, dass neue Zelltechnologien problemlos auf der Schnittstelle aufsetzen können. Das ist uns wichtig, um unseren Kunden eine zukunftssichere Lösung zu bieten.
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